Glauben heißt Nichtwissen - von Andreas Geil

Duisburger Planwirtschaft: Der zweitklassige MSV gewinnt bei Borussia Mönchengladbach

Es war alles angerichtet für ein packendes DFB-Pokalspiel unter Flutlicht an einem milden Herbstabend im Mönchengladbacher Nordpark. Fohlen gegen Zebras, wie die Traditionalisten sagen. Auf jeden Fall die Erzrivalen am Niederrhein. Im DFB-Pokal hatte man sich im Februar 2004 beim letzten Pokalspiel der Gladbacher auf dem ehrwürdigen und inzwischen abgerissenen Bökelberg gesehen. Damals gewann die Borussia 6:5 im Elfmeterschießen. Damals wie heute spielte der MSV Duisburg in der Zweiten Liga. 2004 wurde man von dem als Langweiler geltenden Friedhelm Funkel trainiert, heute ist der Lautsprecher Peter Neururer Übungsleiter.

Aktuell geht es beiden Vereinen sportlich gesehen nicht so richtig gut. Die Gladbacher verloren vergangenen Samstag zu Hause nach einer 2:0 Führung gegen Hoffenheim vor 50000 zahlenden Zuschauern mit 2:4, wobei drei Gegentoren in den letzten fünf Spielminuten fielen. Der MSV Duisburg ging in Kaiserlautern mit 1:4 unter und verlor das Heimspiel gegen den Absteiger Bielefeld ohne Gegenwehr mit 0:3. Am Montag beschimpfe Neururer die Presse in Duisburg und machte diese für die schlechten Spiele seines Vereins verantwortlich. Eine etwas eigenwillige Interpretation, aber manche Leute glauben, daß Neururer eingesehen hätte, mit dieser Mannschaft nicht aufsteigen zu können und sich deshalb über Bande bei seinem Lieblingsverein VfL Bochum zu bewerben. Dort war am Montag der ungeliebte Schweizer Trainer Marcel Koller entlassen worden.

Doch solchen Spekulationen schob Borussia Mönchengladbach am Dienstag einen Riegel vor – durch Unfähigkeit. Im Prinzip hatte sich jeder der 45397 Zuschauer bereits auf eine Verlängerung oder gar ein Elfmeterschießen eingestellt, als in der 91.Minute der kurz zuvor eingewechselte Ivica Grlic auf den Ex-Schalker Soren Larsen flankte und der für den eingewechselten Ex-Gladbacher Kristoffer Andersen auflegte. Der schoß den MSV dann mit einem Sonntagsschuß zum Sieg. Im Prinzip die einzige Überraschung in einem hektischen wie unschönen Fußballspiel. In der ersten Hälfte wußten die Gladbacher mit einem halben Dutzend Torchancen nichts anzufangen, in der zweiten Hälfte wurde der MSV dann ein bißchen gefährlicher. Beide Mannschaften waren kaum in der Lage, den Ball dynamisch nach vorne zu spielen. Die Torchancen, die sich boten, wurden häufig wie in Zeitlupe erspielt oder enstanden nach heillosem Strafraum-Chaos. Trotzdem glaubte man die ganze Zeit, die dann doch etwas besseren Gladbacher würden den langsam müder werdenden Duisburgern den Siegtreffer abtrotzen.

Außer Peter Neururer rechnete niemand mit einem MSV-Tor. Der meinte dann abschließend: »Das war ein geplanter Sieg.«

Andreas Geil in der JUNGEN WELT am 24.09.2009