Übergangszeit

Stand der Rettung in Mönchengladbach

Borussia Mönchengladbach hat alles im Griff. Zur Karnevalsfeier des Vereins am 13.2. wurde Trainer Michael Frontzeck entlassen. Am nächsten Morgen stellte sich Lucien Favre als Nachfolger vor (der Mann mit Drei-Punkte-Formel, Foto).

Sein Vertrag gilt bis 2013. Was man in einer Woche Training bei Profifußballern bewirken kann, ließ sich am Sonntag bestaunen. Favre hatte das Team auf zwei Positionen umgestellt. Für den glücklosen Torhüter Heimeroth kehrte Exretter Logan Bailly zurück. »Ich hatte so ein Gefühl«, sagte Favre nach dem Spiel dazu. Wohl aus ähnlichen Gründen entschied er sich für Juan Arango im Mittelfeld. Der Kapitän der Nationalelf Venezuelas, wo er »Hurrican« genannt wird, überzeugte

Gegen erstaunlich harmlose Schalker gelang der erste Heimsieg der Saison. Favres Kommentar: »Das Spiel gegen Schalke ist schon vorbei. Alle, die gespielt haben, haben es gut gemacht. Das heißt aber nicht, daß sie alle wieder spielen.« Solche Töne waren von Frontzeck in dieser Saison nicht zu hören.

Für die schrillsten Töne im Vereinsleben sorgt seit Wochen der Ehrenborusse Hans-Hubert Vogts, Nationaltrainer Armeniens. Jetzt hat er auf Sport 1 nachgelegt: »Borussia Mönchengladbach wurde immer von großen Trainern geführt – das war Weisweiler, das war Lattek, das war die große Zeit. Dann gab es eine Übergangszeit mit Jupp Heynckes, der auch über zehn Jahre Trainer war, und es war eine Philosophie in dem Klub. Ab da ging es nicht mehr so aufwärts mit dem Klub. Man muß andere Wege gehen, man muß mehr Menschlichkeit hineinbringen.« Vogts gilt als Erfinder der »Klinsmann-Methode«. Bei Bayer Leverkusen hatte er sechs Assistenten und schaute die Spiele von der Tribüne aus an, wegen der besseren Sicht, bevor er nach Armenien vertrieben wurde. Was ihn in Gladbach anfrißt, ist Präsident Rolf Königs: »Ich kam in ein Restaurant in Düsseldorf, wo zufällig ›seine Majestät‹ saß, und als er mich gesehen hat, hat er die Zeitung vor das Gesicht genommen und die Zeitung gelesen. Die Zeitung war wichtiger, als einen Gladbacher zu begrüßen.« Sportdirektor Max Eberl sei nur »ein weiterer ›Ja-Sager‹ von ›seiner Majestät‹«, klagt Vogts und weiß Schlimmeres zu berichten: »Er ist kein Borusse! Er ist mal von Torpfosten zu Torpfosten gelaufen und mehr nicht. (…) Ich hoffe auch, daß Favre sagt: ›Max, geh auf die Tribüne, ich möchte hier jetzt in aller Ruhe alles entscheiden.‹«

»Königs hat sich die Satzung zum Alleinherrscher gestrickt«, sagt auch der Sprecher der Fan-»Initiative Borussia«, Norbert Kox. »Diese 15 Jahre Abstiegskampf kommen nicht von ungefähr.« Im übrigen weiß er: »Borussia war sich mit St. Paulis Trainer Holger Stanislawski einig. Doch dann bewog Frau Eberl ihren Ehemann, den befreundeten Michael Frontzeck als Trainer zu installieren. Sie sagte: Ach, nimm doch den Frontzeck. Der ist doch im Moment arbeitslos.«

Kox, Vogts und Co. liegt natürlich nur der Verein am Herzen. Für Favre geht es am Freitag im nächsten Endspiel gegen die abstiegsgefährdete VW-Millionentruppe von Dieter Hoeneß, mit dem er sich bei Hertha BSC überwarf.

Andreas Geil

Quelle: http://www.jungewelt.de/2011/02-24/017.php